
Capturing This Moment
Exakt zwei Jahre nach dem Debut des Michel Reis Quartett bei Double Moon Records („Hidden Meaning“, DMCHR 71115) erscheint nun das Nachfolgealbum. Es verfolgt weiter eine Leitidee, die für Michel Reis Weg weisend ist: Kompositionen mit romantischen, geradezu elegischen Melodien führen durch ein Album, das als „Gesamtkunstwerk“ angelegt ist: zugeschnitten auf diese und keine andere Besetzung, jedes Stück für sich und die Aufnahme als Gesamtes als Erzählung aufgefasst. Es ist nicht zu überhören, dass der Ausgangspunkt und das Zentrum die Komposition ist, als Fixpunkt für alle Beteiligten. Erst dann kommt hinzu, was den Jazz auszeichnet und ihn auch einmalig macht: spontane, ideenreiche, aber auch „vergängliche“ Improvisation auf der Basis der gegebenen Harmonien. Reis vergleicht das mit der Tätigkeit eines Fotografen: dieser plant eine Aufnahme an einem bestimmten Ort mit festgelegten Objekten. Ein guter Fotograf aber wird spontan und ungeplant auch Momentaufnahmen von Situationen machen, die sich auf dem Weg dorthin ergeben: „Capturing This Moment“ ist deshalb ein sehr treffender Titel für das Album. Erneut ist Michel Reis ein durch und durch überzeugendes Album gelungen, mit einer hochkarätigen und wunderbar aufeinander eingespielten Besetzung. Der Luxemburger Michel Reis hat zunächst klassisches, dann Jazzpiano in seiner Heimat studiert, um schließlich in das Mutterland des Jazz zu ziehen, nach Boston. Dort hatte er nicht nur Gelegenheit, bei vielen bekannten Jazzmusikern zu studieren, sondern auch mit ihnen aufzutreten – von Dave Holland bis Joe Lovano und Esperanza Spaulding. Er lebt mittlerweile in New York, lässt aber seine Kontakte nach Europa nicht abbrechen, wie diese CD beweist. Darüber hinaus tourt er weltweit, auch zwei sehr erfolgreiche Tourneen durch Japan stehen mittlerweile in seiner Vita. Im Jahr 2015 wird er auch in Europa auf mehreren Festivals und in zahlreichen Clubs spielen. Der „außergewöhnliche Pianist“ (Down Beat) wird mit Sicherheit seinen Weg gehen! Stefan Karl Schmid an Saxophonen und Klarinette hat das Konzept verstanden und internalisiert: mit seinem klaren, prägnanten und sensiblen Ton umspielt er die Melodien, lässt sie Gestalt annehmen und schmückt sie in den Improvisationen gefühlvoll aus. Der in den USA und in Köln ausgebildete Holzbläser (und Halb-Isländer) ist trotz seiner Jugend zu einer festen Größe heran gereift – seine umfangreiche Discographie beweist es. Kann man sich einen Schlagzeuger vorstellen, der so gut in dieses Ensemble passt wie Jonas Burgwinkel? Wohl kaum. Extrem einfühlsam, technisch brillant, unglaublich ideenreich: diese Eigenschaften zeichnen ihn aus, zahlreiche Preise und Auszeichnungen sind ihm zu recht verliehen worden (Echo Jazz, WDR Jazzpreis…) – und machen ihn zu einem der gefragtesten Drummer. Wie weiter über 50 CDs beweisen, auf denen er Entscheidendes beigetragen hat. Hervorragend eingespielt ist er mit dem Bassisten, der zu den profiliertesten Musikern Deutschlands zählt: Robert Landfermann. Zusammen bilden sie die Rhythmusgruppe des so erfolgreichen Pablo Held Trios. Seine soliden und doch immer wieder überraschenden Basslinien prägen auch dieses Quartett, seine technischen Fähigkeiten scheinen unlimitiert – auch wenn er sie nicht mehr beweisen muss: es ist bereits das siebte Album mit seiner Beteiligung bei Double Moon Records.