Macht keinen Lärm

Macht keinen Lärm

Eigentlich wollt' ich den Auftrag, den offiziellen Reklametext für "Macht keinen Lärm, aber Ärger", das neue Egotronic-Endprodukt aus dem Hause Audiolith, ja wieder abgeben, zu viel Arbeit im Hauptjob und so, aber selbst mit dem Hinweis auf zwei zu bearbeitende Suizidversuche liess man mich nicht raus aus der Nummer, kam mir stattdessen mit Schmeicheleien, nur ich hätte die Checkung davon bla bla, also sitz ich hier mit externem Erwartungsdruck und seh' zu, was mir einfällt. Man will ja auch niemanden hängen lassen. Also, über die ganze Antifa + Partykontext-Verschmelzungssache braucht es wohl nicht mehr viel zu schwadronieren, das ist ja auch im letzten Provinzuni-Feuilleton ausreichend verhandelt und ausgeschlachtet worden, ganze Horden junger Menschen mit Haltung, die feiern UND zerstören können und wollen, ohne einfach nur Hool zu sein, vielleicht die Vorreiter dessen, was da noch kommen möge an Protest und Widerstand von z B ganz normalen Wohnzimmerkiddies, die die Schnauze auch einfach nur voll von Behaglichkeit und den (inzwischen nicht mehr ganz so) verkappten Diktaturen, in denen wir unsere "Freiheit" fristen, haben. Dazu braucht es wie gehabt einen Soundtrack, Vordenker, Role Models, DIY. Wie gesagt. Hier jetzt der Part für die Popmusikjournaille. Popjournalismus sollte man ja, frei nach HS Thompson, der gleiches für den Sportjournalismus forderte, immer in Anführungszeichen setzen, um etwaigen Prozessen gesellschaftlicher Akzeptanz von Verseichtung zumindest ideell was entgegenzusetzen. Wieauchimmer. Zum Tocotronic-Sound hat sich ein New-Wave-Moment gesellt, Punkriff und Techno wie an die Decke geworfene Eier. Als textliche Referenzen werfen wir mal Jens Rachut und Gabi Delgado auf den Markt, Slime und LCD Soundsystem, Degenhardt und P-Orridge. Macht was draus! Inhaltlich? Findet sich alles von Innerlichkeit bis Absage an national gesinnte Anbiederer. Politik und Hangover, Lebensglück und Sachzwang, Kampf und Amphe. Halt die ganze Palette, von Lyrik bis Slogan, von Pop bis Punk (was'n widerlicher Phrasendresch von mir, ich weiss, aber was soll ich machen?). Und so wie die Natur nix ändert, was gut ist (deswegen z B unser Reptilienhirn ganz inner Mitte vom Kopp, der Part, der für Kreislauf, Herzschlag und Atmung zuständig ist), wird sich auch bei "Macht keinen Lärm, aber Ärger", quasi als Gegenpol zu all dem Neuen, auf die eine oder andere Melodielinie besonnen, die dem durchschnittlichen Egotronic-Hörer bereits bekannt erscheinen dürfte. Marketingtechnisch eine geschickte Mischung, aber auch künstlerisch dürfte dieses Vorgehen ohne weiteres erklärbar sein, man ist ja nicht auf den Mund gefallen. In dem Zusammenhang: Dass in bewährter Egotronicmanier auch das Cover gecovert ist, ist Ehrensache (falls es so etwas in der Art im Torsunkosmos gibt). Wer das Original benennen zu benennen in der Lage ist, darf sich gern die goldene Checkerbohne ans Revers heften. Dass dann auch noch von Mischer über Booker bis hin zum Labelchef die Jungs und Mädels aus der Peripherie alle mal zu Wort kommen dürfen, ist mindestens eine charmante Idee. Da reih' ich mich doch gerne ein: Liebe Journalisten, ratet euren Lesern: Kauft nicht diese Platte! PS Nun sagt mir gerad ein junger Mensch, der dies Jahr auf dem ersten Festival seines Leben war (SonneMondSterne), dass dort Egotronic die Geilsten waren, und fragt, ob der denn ganz gesund ist, der Torsun, weil, der sah eher kränklich aus auf'm Auftritt, habe aber voll gerockt. Hm. Auch in einem verfeierten Körper kann ein gesunder Geist stecken, so viel mal dazu. Beruhigend zu wissen. Müssen ja nicht alle mit 27 einknicken, man kann sich ja auch rioreisermässig ganz langsam zu Tode saufen. Oder Burroughs'sche Resilienz-Qualitäten beweisen. F**k the System, but don't die for it!

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